Songempfehlung: Die Trauernde – Brahms/Fox

Liebes Mitglied der Puchtlerunity, heute gibt es endlich mal wieder einen Musiktipp und zwar einen ganz zauberhaften! Anfang des Jahres, im Januar, fabulierte ich bereits von Brahms wunderbarem Stück “Die Trauerende” (nachzulesen hier: Musica Mensile – der monatliche Musiktipp). Fast schon lustig, dass ich nun am Ende des Jahres zu einer Variation dieses Liedes zurückkehre – es ist einfach eine sehr berührende Komposition. Aber hört zunächst selbst diese wunderbare Variation von Donal Fox:

Ich kannte Donal Fox vorher nicht, aber er ist ein renommierter Musiker in den USA, der sowohl in der Jazz- als auch in der Klassikszene Anerkennung gefunden hat. In einer Rezension von GBH Live wird Donal Fox als “nationaler Schatz” bezeichnet. Der Autor lobt Fox dafür, dass er sich nicht auf ein einziges Genre beschränkt und sowohl symphonische als auch Kammermusik auf der ganzen Welt geschrieben und aufgeführt hat. Darüber hinaus hebt die Rezension hervor, dass Fox einige der “beeindruckendsten Jazzstücke” spielt, während er auch die Werke großer Komponisten seit der Barockzeit und vielleicht sogar früher aufgreift. In dem vorliegenden Fall: “Die Trauernde”, ein Stück von Johannes Brahms von 1858, das von einem Gedicht von Friedrich Rückert inspiriert wurde. Das Lied handelt von einer Frau, die um ihren verstorbenen Geliebten trauert und sich nach dem Tod sehnt. Hier der eigentliche Text:

Mei Mueter mag mi net,
Und kein Schatz han i net,
Ei warum sterb‘ i net,
Was tu i do?
Gestern isch Kirchweih g’wä,
Mi hot mer g’wis net g’seh,
Denn mir isch’s gar so weh,
I tanz ja net.
Laßt die drei Rose stehn,
Die an dem Kreuzle blühn:
Hent ihr das Mädle kennt,
Die drunter liegt?

Schon damals fand ich die schwäbische Mundart sowohl ein bisschen unfreiwillig komisch als auch auf einer tieferen Ebenen berührend (vielleicht weil ich im süddeutschen Sprachraum sozialisiert wurde). Mich fasziniert ebenfalls die Einfachheit des Textes und wie dieser dennoch im Stande ist, universale Gefühle hervorzurufen.

Donal Fox nimmt das Thema des Liedes und verwandelt es in eine Reihe von Variationen, in denen auch jazzige und bluesige Töne zu hören sind. Mir persönlich bricht ab ca. 1:00 zum ersten Mal das Herz, wenn es in den “Chorus” übergeht, die Hook, die so plärrend traurig aus dem Gesamt heraussticht. Ab 1:45 dann zum zweiten Mal, während ich gruseliger und erstaunlicher Weise im virtuosen Wirbel der Noten selbst umherwehe und meinen Kopf schütteln möchte, bis dieser abfällt und im Ausklang der letzten Töne an meinen Zehenspitzen zur Ruhe kommt. Das Stück wurde im Dezember 2021 im Rahmen der JazzNOW-Reihe von ‚GBH und JazzBoston live gestreamt.

Ich hoffe dieses Lied zieht euch nicht runter, in den matschigen Schnee, sondern versüßt euch die melancholische Winterzeit und hält euch aufrecht im kalten Wind, mit dem Wissen, dass Trauer ein elementarer Bestandteil des Lebens, der Conditio Humane ist, wenngleich nicht alles und nicht unüberwindbar und nicht bloß schmerzend, während die Sonne – dieses ewige Symbol der Güte und Herzenswärme – stets hinter den Wolken darauf wartet, euch bald wieder ins Gesicht zu scheinen.

Bleibt schön, stark und komplex!

Hinterlasse einen Kommentar