Songempfehlung: Der Mann – Ich bin ein Mann

Oha, mir fiel auf: der März ist ja schon rum und der April hat sich auch schon angeschlichen, in dem wir nun alle – ob wir wollen oder nicht – drinstecken und da erinnerte ich mich an dieses kleine, feine Liedchen von „Der Mann“: „Ich bin ein Mann“. Was fein daran ist? Ich würde sagen: eine schöne Mehrdeutigkeit, ein unaufgeregter, lustig trottender, aber dennoch attraktiver Sound und ein bezaubernder Refrain. 

Zunächst könnte man den Song lediglich als witzige Kritik einer klischierten Männlichkeit wahrnehmen: Den Mann stört etwas. Und zwar unweigerlich Dazugehöriges. Die Knochen am Fleisch. Der Euro an Griechenland. An Gipfeln die Höhe. Zwischendurch wird es dann schön absurd, dann stören den Mann plötzlich auch die Mädchen an den Pferden, der Wahn an den Kindern oder (mein Favorit) die Provider am Internet – und hier verlässt der Song m.E. die Ebene der witzigen Kritik, er verlässt das Klischee von Männlichkeit, von Dingen, die Männer vermeintlich stören, er verlässt die Welt der Mario Barth´schen Männlichkeit, wächst darüber hinaus, ohne jedoch konkret zu werden. Der Song bleibt ruhig, klar und doch uneindeutig. Und plätschert dahin, bis er sich in ein zauberhaft träumerisches Etwas auflöst, das man ebenfalls ironisch hören kann, aber auch darin  verbleibt der Nachgeschmack des: was ist da noch? Irgendetwas will dieser Song noch sagen, ohne es auszusprechen (falls jemand seine Interpretationen teilen möchte: gerne). Das finde ich ziemlich toll, in dieser komprimierten Version, in dieser geschlossenen, unaufgeregten kompositorischen Form. Cool!

Mich stört nur: als ich letztens mal betrunken war (schön, dass das auch noch manchmal vorkommt), in einer dunklen Stunde, war ich tatsächlich von der Ästhetik des Musikvideos, von den Blaumännern, diesen Insignien der klischierten Männlichkeit, und dem ironischen Humpdadumpda-Tanzstil angeekelt und ich wurde wütend, auf eine Männlichkeit, die ich noch aus meiner Jugend kenne und die es natürlich immer noch gibt. Eine Männlichkeit, die sich durch eine seltsame, oberflächliche Härte und Ignoranz ausdrückt, die sich so sehr in Rituale und ihre Einhaltung, ihre einfältigen Visionen verliert, dass sie gnadenlos ist, denen gegenüber, die diese Rituale nicht verstehen oder nicht verstehen wollen oder als unpassend und/oder gewaltsam empfinden. Eine Männlichkeit die sich in Sätzen wie „Indianer spüren keinen Schmerz“ oder „Fleisch ist mein Gemüse“ erschöpft und die ihre eigene Fragwürdigkeit konsequent ignoriert, den Zweifel daran abwertet. Ja, das stört mich an diesem Song: meine entstanden Projektionen und das Widererleben erfahrener Verletzungen. Und dann dachte ich mir, cool, was dieses kleine, schnucklige Lied doch alles kann. 

Von daher: Viel Spaß mit dem Song und der eventuellen Wahrnehmung eigener Projektionen, Verletzungen und Reflexionen über dieses wichtige und kontroverse Thema. 

Aber halt! Hier noch zur Kontrastierung: Ein Song zum Thema Männlichkeit, der es m.E. künstlerisch nicht sehr gut macht, (da er zu explizit, inhaltlich zu raumgreifend und Widersprüchliches vernachlässigend ist, was man natürlich machen kann, ich aber schade finde), der jedoch gerade im Vergleich Spannendes erlebbar machen und anregende Diskussionen ermöglichen kann:

Bis zum nächsten Mal. Bleibt schön, stark und komplex!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: