Inhalt: Kurzüberlegung zum Thema „Akzeptanz“ im Bereich Psychologie, Alltagsgeist und etwas darüber hinaus.
Ich weiß noch nicht genau, wie ich die folgenden Überlegungen nennen soll, die mich seit meinem Psychologie-Studium in Phasen begleiten und die ich gerne festhalten oder irgendwie sinnvoll „verwenden“ möchte. Es sind keine theoretischen Überlegungen, im Sinne der Ausarbeitung einer Theorie. Es sind auch keine philosophischen Überlegungen über Gegenstände der Philosophie. Es sind eher Überlegungen darüber, wie man mit sich (und anderen) umgehen könnte, um ein konstruktiveres Erleben von sich und anderen erreichen zu können. Wenn man so will, könnte man diese als praktische psychologische Überlegungen bezeichnen. Das trifft es wahrscheinlich auch noch nicht, aber vielleicht vorübergehend. Meine Hoffnung dieser Veröffentlichung ist natürlich, dass diese Überlegungen jemandem etwas nutzen. Falls dem so ist, freue ich mich. Falls jemand darüber sprechen möchte: gerne. Falls jemand das ganze Ignorieren möchte: Ok, wenns sein muss.
Da ich mich derzeit etwas mit der ACT (Akzeptanz- und Commitment-Therapie) und inneren und äußeren krisenhaften Dialogen beschäftige (ist immer eine sinnvolle Tätigkeit) kam ich auf die Frage, was Akzeptanz von unangenehmen Zuständen/Gefühlen/Wahrnehmungen bedeutet? Diese Frage ist schon sehr spezifisch und auf die Voraussetzungen kann ich jetzt in diesem Text leider nicht eingehen, aber vielleicht mögt ihr ja trotzdem noch etwas folgen.
In der ACT scheint zunächst klar: Akzeptanz ist die Lösung, um quälende Phänomene weniger quälend zu machen (auf die theoretischen Hintergründe komme ich ein Andermal zu sprechen). Gerade wenn es sich um innere Phänomene handelt, die sich zumeist in Gedanken oder Urteilen ausdrücken. Natürlich erfordert dieser Ansatz zunächst einmal die Existenz eines quälenden Phänomens. Gibt es nichts, was mich quält, irritiert, verstört – mir eine negative Emotion verschafft, muss ich auch nichts akzeptieren. Da das Menschenleben aus sehr vielen solcher Phänomene besteht (Leben = Leid und gelegentlich mal Bonbons), sollte es aber hierzu genügend Anlass geben.
Was bedeutet Akzeptanz nun genau? Dies frage ich mich schon länger und die ACT beschreibt es u.a. als ein Loslassen und die Bereitschaft, Gefühle/Gedanken zuzulassen, sie wahrzunehmen und nicht versuchen, sie zu beseitigen. Ist Akzeptanz also ein Unterlassen? Das Unterlassen, gegen ein negatives Gefühl zu agieren? Ist Akzeptanz etwas Passives? Kann man gezielt und bewusst akzeptieren? Wie sieht das aus? Unterstütze ich dieses innere Tun mit Sätzen wie „ich akzeptiere, dass ich gerade Sorgen über X empfinde“ oder „ich akzeptiere, dass ich mich gerade unter Druck setze, weil ich nicht genug arbeite“ oder „ich akzeptiere, dass es Menschen gibt, die rassistische Einstellungen haben und diese kommunzieren“? Was folgt danach? Ein tiefer Atemzug?
Diese Sätze könnten eine konkrete Methode (ein Werkzeug) sein, Akzeptanz zu praktizieren. Eine Übung wäre dann bspw.: ich spreche/denke diese Sätze zu mir selbst und beobachte, was geschieht, wie sich Gedanken verändern, welche Gefühle auftreten. Wenn ich daraus resultierende Gefühle/Gedanken bemerke, dann wende ich diese Sätze auch auf diese neuen Gefühle/Gedanken an, usw. Es kann gut sein, dass man sich dadurch mit leiderzeugenden Phänomenen „versöhnen“ kann, dass Erleichterung stattfindet, die Erleichterung vom Schmerz 2. Ordnung (siehe unten). Die Crux an quälenden Phänomenen jedoch ist, dass sie sich überhaupt erst als quälend qualifzieren, dadurch, dass sie immer wieder auftauchen und sich nicht nur mal kurzzeitig blicken lassen. Diese Phänomene kommen also immer wieder und erzeugen Leid auf zwei Ebenen:
- Leid 1. Ordnung = Leid durch ihr Erscheinen.
- Leid 2. Ordnung = Leid dadurch, dass man vehement versucht, diese Phänome „abzuschaffen“, sie wegzudrängen oder sie zu bekämpfen. Und gerade hier kann/soll Akzeptanz helfen, wie man sie bspw. durch obige Übung praktizieren kann.
Da diese Phänomene immer wieder kommen, muss, so denke ich, Akzeptanz ein dauerhafter Vorgang sein, vielleicht wiederum selbst eine Haltung, die es einzunehmen und zu trainieren gilt. Denn quälende Phänomene lassen sich nicht endgültig auslöschen (laut ACT, was Sinn macht), gerade etwa überdauernde Phänomene wie etwa innere z.B. Haltungen/Einstellungen zu sich selbst, zu Normen des Handelns und Seins, innere Abwertungs- oder Bewertungsmuster (innere Kritiker, um einen anderen Begriff zu verwenden) auch nicht dadurch, dass ich sie in Situationen akzeptiere. Ich kann dadurch vielleicht eine Versöhnung erreichen, die wahrscheinlich nicht von Dauer ist.
In dieser Hinsicht würde Akzeptanz dann, aus meiner Sicht, bedeuten: Ich lasse diese Phänomene immer wieder kommen, ich will sie nicht weghaben, verdrängen, da sie nicht gehen und vielleicht stärker werden könnten. Ich lasse mich stattdessen immer wieder auf Etwas ein, das mich quält, das ich am liebsten löschen würde, mit der Einsicht, dass es nicht löschbar ist und irgendwie „dazu“ gehört. Das würde also bedeuten: Akzeptanz ist keine einmalige Angelegenheit, sondern Arbeit. Arbeit jedoch, die sich lohnt, da sie wahrscheinlich zu einem konstruktiveren, weniger leidvollen Umgang mit sich selbst und anderen führt.
Wenn man diese Überlegung übertragen möchte (und das möchte ich mal an dieser Stelle), vom Selbstverhältnis zum Verhältnis mit anderen, dann heißt Akzeptanz auch hier, außerhalb von mir, in Bezug auf alle Dinge, die an einen herantreten und irritieren und verstören und Leid erzeugen können: Akzeptanz ist das Bereitsein, sich immer wieder einem „Etwas“ auszusetzen (und sich damit auseinanderzusetzen), das man eigentlich ablehnt und abschaffen möchte, da es negative innere Zustände erzeugt. Auch hier wäre der Gewinn: Das „Etwas“ wird nicht ausgelöscht, weder geistig, noch durch Handlung. Und vielleicht ist ein konstruktiverer Umgang möglich.
Ein Kommentar zu “Akzeptanz – Möglichkeit und Anwendung”