Ich dachte mir heute, nachdem mich Lyrik inspirierte (schön, dass das auch mal wieder passiert), ich mach einen auf Hans Magnus Enzensberger oder Andreas Thalmayr oder Serenus M. Brezengang (usw.) und versuche mich an einem Gedichtexperiment, um selbst mal zu sehen, wie sich eine Inhaltsveränderung auf die Gedichtrezeption auswirkt. Zudem dachte ich mir, auch Frauen können Herzschmerz spüren und sollten eine Entsprechung zu dem sehr schönen Gedicht „Amara“ von Friedrich Rückert haben. Hier zunächst das Original:
Amara, bittre, was du thust, ist bitter, Wie du die Füße rührst, die Arme lenkest, Wie du die Augen hebst, wie du sie senkest, Die Lippen aufthust oder zu, ist's bitter. Ein jeder Gruß ist, den du schenkest, bitter, Bitter ein jeder Kuß, den du nicht schenkest, Bitter ist, was du sprichst und was du denkest, Und was du hast und was du bist, ist bitter. Voraus kommt eine Bitterkeit gegangen, Zwo Bitterkeiten gehn dir zu den Seiten, Und eine folgt den Spuren deiner Füße. O du mit Bitterkeiten rings umfangen, Wer dächte, daß mit all den Bitterkeiten Du doch mir bist im innern Kern so süße.
Ist mir über den Weg gelaufen hier: https://lyrikzeitung.com/2021/10/26/amara-bittre/
Und hier die Neufassung mit dem wohlklingenden Namen „Harald“:
Harald, saurer, was du machst, ist sauer Wie du die Füße scharrst, die Arme schmeißt, wie du die Augen zwinkerst, sie zusammenkneifst Die Zähne aufreißt oder zu, es bleibt sauer.
Ein jedes Winken ist, das du schüttelst, sauer Säure ein jeder Kuss, den du herunterschluckst Säure ist, was du mir vor die Füße spuckst Und wie du stolzierst und was du sein willst, ist sauer.
Einmal Säure kommt verfrühter, dann zweimal, tropfts aus deiner Beule, und eine folgt dir phasisch.
O du von Säure umspülter, wer hätte geahnt, dass deine Säure mir im innern ist so basisch.
Was meint ihr? Hat sich das Gefühl des Gedichtes verändert? Gerne kommentieren, ausdrucken und laminieren oder ignorieren.